21. Oktober 2022 – 15. Januar 2023
Kunstsammlungen der Veste Coburg


Der erste Teil der Ausstellung „Double Feature. Die Klasse Freie Kunst Glas der Hochschule Koblenz“ wurde eröffnet.

Die Arbeiten der Studierenden fügen sich wie selbstverständlich ein in das Europäische Museum für Modernes Glas. Entsprechend stolz zeigte sich Jens Gussek, Kunst-Professor am Institut für Künstlerische Keramik und Glas in Höhr-Grenzhausen, der mit vier Studierenden zum Ausstellungsaufbau nach Franken gekommen ist und nun das Ergebnis präsentieren darf. „Ein Kunstwerk ist dann fertig, wenn es sich im Raum bewährt. Wir können die Qualität einlösen, die eine Ausstellung in einem Museum erfordert“, so Jens Gussek.

Angeschlossen ist das Institut an die Hochschule Koblenz ─ in Deutschland einer der wenigen Orte, an denen derzeit eine akademische Ausbildung im Zusammenhang mit Glas und Keramik möglich ist.

„Was beschäftigt die jungen Künstlerinnen und Künstler heute? Was passiert heute in den Akademien? Das wollten wir zeigen“, erklärt Jens Gussek die Ausstellungsidee.

Und sehr Reifes, Internationales gilt es zu entdecken. Zum Beispiel die für ein Erstsemester-Werk ganz erstaunliche Arbeit: „Die Begegnung“ von Natalie Veken aus Italien. Zwei Glaskörper stehen sich gegenüber, deren Tentakel vorsichtigen Kontakt suchen. Ob dieses „Fühler-Ausstrecken“ erfolgreich sein wird, bleibt unklar, aber es wird eine spürbare Spannung erzeugt.

In unmittelbarer Nachbarschaft stellt Liya Gabitova aus Russland eine Blume in den Mittelpunkt der Betrachtung. Keine symbolschweren Rosen oder Lilien, sondern: die Geranie. Der Allerwelts-Blumenschmuck vieler Wohnhäuser steht in ihrer Wandinstallation „Melancholie“ für Beiläufigkeit und Normalität. Für Liya Gabitova ist sie eine Brücke zwischen ihrem deutschen Studienort und ihrer russischen Heimat, denn auch dort schmücken die Menschen ihre Häuser mit Geranien.

Auch die Iranerin Sahar Baharymaghaddam setzt sich mit dem Gegensatz von Heimat und Fremde auseinander. Eine bereits zum Teil in der Ausstellung zum Coburger Glaspreis 2022 gezeigte Arbeit entfaltet sich nun auf mehreren Quadratmetern Grundfläche. Da sind gläserne Umrisslinien einer kleinen Wohnung, darin ein gläserner Gartenstuhl nach Schinkel, ein kaltweiches Kissen aus Glas, eine organische, gehirnartige Struktur aus Keramik. Findet hier das Unbehagen ein Zuhause?

„Die Kraft der Balance“ betitelten Sija Wang und Yunfei Fan aus China ihre Videoperformance. Das Paar prüft das fragile Gleichgewicht innerhalb menschlicher Beziehungen, indem es eine große Milchglasplatte zwischen sich hin und herpendeln lässt. Der Durchblick und gleichzeitig der Anblick der Partner wechselt vom Deutlichen ins Unscharfe und wieder zurück, während die Materialität des Glases und sein harter Klang einerseits Kontrollierbarkeit, andererseits aber auch Gefahr assoziieren lässt.

Raumgreifend ist die Bodeninstallation von Lena Trost, die nach ihrem Studium derzeit an der Bauhaus-Universität Weimar promoviert. Sie beschäftigt sich mit der Kraft des Imaginären, mit Körperlichkeiten und mit Gerüchen und bietet Workshops in Form von „Glas-Tastings“ an. Für die Ausstellung schuf sie das objektgewordene Konzept eines „Geruchslabors“ rund um das ─ an sich geruchs- und geschmacksneutrale ─ Material Glas. Ihr Werk greift einerseits die Idee einer Destillerie auf, in der Parfüm hergestellt wird und verweist andererseits auf Labore aus Chemie und Medizin.

„Die Ausstellung der Klasse Freie Kunst Glas fügt sich ein in eine Reihe von Präsentationen mit aktuellen Arbeiten von Kunstakademien und belegt die dynamische Entwicklung und die hohe Qualität der Arbeiten aus und mit Glas. Beeindruckend ist nicht nur die konzeptionelle Vielfalt der Werke, die Themen wie Heimat, Zwischenmenschlichkeit und Materialität berührt, sondern auch die selbstverständliche Internationalität der Glasszene“, betont Sven Hauschke, Direktor der Kunstsammlungen der Veste Coburg.

Der erste Teil der Ausstellung ist bis 15. Januar 2023 zu sehen, danach werden weitere Arbeiten der Klasse Freie Kunst bis 16. April 2023 gezeigt.

(Cornelia Stegner, M.A.)

Bildnachweis: Ausstellung „Double feature“. Im Vordergrund Installation von Selina Weber, Ohne Titel, 2022


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