Museum Ulm


Das neue Jahr beginnt wie das alte Jahr endete. Mit der Corona-Pandemie und einem ungewissen Jahr über deren weiteren Verlauf und den Auswirkungen auf dem Museums- und Ausstellungsbetrieb. Doch bescherte das vergangene Jahr auch eine positive Nachricht, dass die erforderlichen Umbaumaßnahmen im Museum Ulm, auch durch die großzügige Förderung des Bundes, 2022 beginnen und bis zum 100jährigen Bestehen des Museum Ulm 2025 finalisiert werden können. Dies wirkt sich bereits unmittelbar und mittelbar auch auf die aktuelle und zukünftige Ausstellungsplanung aus. Eine Ausstellungsvorschau daher mit Vorbehalt und abwechslungsreichen, vielseitigen und anregenden Projekten, mit deutlichen Ulmer Bezügen und weit darüber hinaus.

Zum Jahresauftakt: Ausstellungsprojekt „Wir müssen reden! Die Münster-Krippe im Meinungsstreit“, 19. Februar 2022 bis 19. Juni 2022

Im Herbst 2020 entbrannte eine nationale Debatte um die Darstellung einer schwarzen Königsfigur aus der Weihnachtskrippe, die seit 1992 alljährlich im Ulmer Münster aufgestellt wird. Geschnitzt Mitte der 1920er Jahre vom Ulmer Bildhauer Martin Scheible (1873-1954), bedient die Figur rassistische Klischees und diskriminierende Stereotypen. Mit der Entfernung der Figur und der Entscheidung der Münstergemeinde, die Krippe ohne die Königsfiguren aufzustellen, entfaltete sich ein Schlagabtausch kontroverser Meinungen in der Öffentlichkeit. Im Zentrum des Ausstellungsprojekts „Wir müssen reden! Die Münster-Krippe im Meinungsstreit„, 19. Februar bis 19. Juni 2022, steht einerseits die kunstwissenschaftliche Einordnung der Münster-Krippenfiguren in das Werk Martin Scheibles, die Betrachtung der Dreikönigstradition und ihrer bildlichen Umsetzung durch die Jahrhunderte sowie die Bewertung der schwarzen Königsfigur im Kontext ihrer Zeit. Andererseits dient die Kontextualisierung als Anknüpfungspunkt, um über die Ausprägungen des Alltagsrassismus zu Lebzeiten Martin Scheibles sowie den Ursprung, die Entwicklung, sowie Begrifflichkeiten von Rassismus allgemein und seine Auswirkungen bis heute aufzuzeigen.

Große Sommerausstellung „Barock in Ulm! Eine Epoche in 100 Werken“, 07. Mai 2022 bis 25. September 2022

JDas 17. Jahrhundert war auch für Ulm eine Zeit der Extreme: Trotz der Katastrophe des Dreißigjährigen Kriegs erlebte die Stadt eine kulturelle und geistige Blüte. Dies zeigt die Ausstellung „Barock in Ulm! Eine Epoche in 100 Werken“, 07. Mai 2022 bis 25. September 2022. Der Architekt und Mathematiker Joseph Furttenbach (1591–1667) veröffentlichte hier wichtige Schriften zur Architektur, Technik und Mechanik. Eine einzigartige Wunderkammer trug der Ulmer Kaufmann Christoph Weickmann (1617-1681) zusammen, in der sich zahlreiche Artefakte aus Asien, Afrika und Mittelamerika befanden. Silberobjekte, Uhren oder die Skulptur im kleinen Format erreichten höchste Qualität: Die Ulmer Bildschnitzer David Heschler (1611–1667) und Johann Ulrich Hurdter (1631/32–1716) schufen im Objekte in Holz und Elfenbein, die weit über Ulm hinaus gefragt waren. Die Ausstellung entdeckt nicht nur die Werke von David Heschler und Johann Ulrich Hurdter wieder, sondern beleuchtet auch eine bedeutende Epoche der Ulmer Kunst- und Kulturgeschichte neu.

„zwischenraum“ Ein analoger wie digitaler Vermittlungsraum ab Mai 2022 im Museum Ulm

Buzzern, schaukeln und spielen! Ab Mai 2022 gibt es im Museum Ulm den „zwischenraum“ – eine kreative, interaktive und kollaborative Umgebung, die die Besucher*innen dazu einlädt, auf vielfältige Weise – analog und digital – mit dem Museum, seinen Sammlungsbeständen und der Zukunft in einen Austausch zu treten. Zusammen mit dem Gestalter Fabian Karrer (Studio Erika) wird der Zwischenbau von der Abteilung Kunstvermittlung mit verschiedenen Interaktions- und Sitzelementen in einen Spielplatz verwandelt, der Spaß macht, überrascht, aktiviert. Kinder, Jugendliche und Familien finden im „zwischenraum“ vielfältige Möglichkeiten zur ungewöhnlichen Auseinandersetzung mit dem Museumsraum und seinen Sammlungsbeständen. Ein neues Verständnis von Museum als Ort des Gedankenaustauschs und der Partizipation wird erlebbar gemacht. Sichtbare Vermittlungsräume in Museen, wie der „zwischenraum“, geben Einblicke in die Prozesse der Bildungsarbeit.

Zum 100 Geburtstag von Otl Aicher (1922-1991) gleich zwei Ausstellungen im Museum Ulm, 12. November 2022 – 16. April 2023 & dem HfG-Archiv, 26. März 2022 bis 08. Januar 2023 (siehe unten)

Portraitfotografie Otl Aicher, 1950, Nachlass Ike Rosenberg, (c) HfG-Archiv - Museum UlmProtest und ziviler Ungehorsam waren starke Charakterzüge des politischen Menschen Otl Aicher. Er entschied sich bereits als Jugendlicher gegen die Vereinnahmung durch das nationalsozialistische Unrechtsregime, welches nicht davor zurückschreckte, visuelle Gestaltung als Mittel zur Manipulation einzusetzen. Mit der Ausstellung „Otl Aicher – Widerstand und Protest: Symbole, Gesten, Signale, 12. November 2022 – 16. April 2023 zeigt das Museum Ulm Otl Aicher als Gestalter dieses Protestes. Schon in den 1960er Jahren entwarf er Plakate und Ansteckblumen aus Papier für die Ostermärsche. 1983 ließ er Figuren, die an seine Piktogramme erinnerten, auf ein Textilband drucken, um es der Menschenkette im Pershing II-Protest in die Hand zu geben. Und in Erinnerung an die Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ schuf Otl Aicher ein viel zitiertes Logo. Wie aber sieht Protest heute aus? Finden sich neue Symbole für gegenwärtige Themen? Oder anders gefragt: Wie sieht das key visual der Friday for Future- oder black life matters-Bewegungen aus? Auf der Suche nach vergleichbaren, interkulturellen und global verständlichen Zeichen wurden Künstler*innen und Grafiker*innen aus neun Ländern und vier Kontinenten ausgewählt und eingeladen. Sie befassen sich in ihren Werken und Werkserien, in Plakatkampagnen, Leuchtreklamen, Anzeigentafeln, Billboards und in anderen appellativen Ausdrucksmedien mit Symbolen, Gesten und Signalen von Widerstand, Aufklärung und Protest zu den Themen Umwelt, Demokratie, Frieden, Konsum, Gesundheit und Menschenrechte.

Weitere Ausstellungsprojekte in Planung

Im Frühjahr 2022 sind des Weiteren eine Jubiläumsschau zu 40 Jahre Freunde des Ulmer Museums e.V. sowie im Herbst 2022 eine Wanderausstellung unter dem Dach des Weltkultursprungs im Studio Archäologie geplant.

Brunner-Ritz, Kunst turnen, Museum Ulm, 2021, Installation, Foto Oleg Kauz, VG Bild-Kunst, Bonn 2021: Es bleibt weiter sportlich im Museum Ulm; Ausstellung Brunner/Ritz: Kunst turnen, bis 27. März 2022

Noch bis zum 27. März 2022 ist das Künstlerduo Brunner/Ritz mit ihrer Ausstellung „Kunst turnen“ zu Gast im Museum Ulm. Seit 30 Jahren erproben Johannes Brunner (*1963 in Pfullendorf) und Raimund Ritz (*1964 in Meckenbeuren) – der eine Bildhauer, der andere Musiker- das Crossover von Kunst und Musik, Film und Theater, Installation und Performance. Mit dem Berblinger-Turm haben Brunner/Ritz zum 250. Geburtstag des berühmten Schneiders von Ulm einen Publikumsmagnet und ein neues Wahrzeichen für die Stadt Ulm geschaffen. Dessen Errichtung bietet den Anlass für eine Retrospektive im Museum Ulm, die erstmals die ganze Bandbreite des künstlerischen Schaffens von Brunner/Ritz präsentiert: von frühen SkulpturMusik-Werken, kurzen Videos und Klangstücken über Musiktheater-Inszenierungen und kinetische Objekte bis hin zu Wettbewerbsmodellen, neuen audiovisuellen Arbeiten und interaktiven Rauminstallationen, die eigens für die Ausstellung entstanden sind.

Gleich zwei Förderpreisträger*innen Junge Ulmer Kunst 2021 noch im Museum Ulm zu sehen, bis 30. Januar 2022

Dean Annunziata, Spanplatte beschichtet, Acryl auf Leinwand, 2018, Courtesy by the artistLuise Reinholz, ohne Titel, Zeichnung, 2020Bis 30. Januar 2022 präsentiert das Museum Ulm noch die beiden Förderpreisträger*innen  Junge Ulmer Kunst 2021 Dean Annunziata & Luise Reinholz. Bei den Arbeiten von Dean Annunziata (*1990 Ulm I Lebt und arbeitet in Berlin), der an der Weißensee Kunsthochschule Berlin studiert, handelt es sich um verblüffend echt wirkende Kopien. „Befleckte Leinwand“ heißt eine seiner aktuellen Serien. Nicht ohne Grund. Wirkt sie doch so, als hätte der Künstler einfach Stücke aus einer Tischdecke nach einer ausgedehnten Feierlichkeit auf Rahmen gespannt, tatsächlich ist es aber Malerei. Auch in seiner neuen Malerei-Serie „Rohspanbilder“ imitiert er gewöhnliche Rohspanplatten, indem er kleinste Pünktchen in unterschiedlichen Brauntönen auf den Leinwandstoff aufträgt und auch die Seiten bemalt. Zusätzlich präsentiert das Museum Ulm noch Werke von Luise Reinholz (*1997 Ulm). In den abstrakten und gegenständlichen Motiven ihrer Postkartenbilder bringt sie Gefühle, Stimmungen und die Liebe zu leuchtend intensiven Farben, reduzierten Formen und Elementen aus Märchen, Natur, Landschaft oder Jahreszeiten zum Ausdruck. Als junge Frau mit Down-Syndrom und Vertreterin der Outsider Art verfolgt sie unbeirrt, mit persönlichem Anspruch und großer Leidenschaft ihren künstlerischen Weg. Die Jury des Jungen Ulmer Preises hat ihr außer Konkurrenz einen Ehrenpreis verliehen, mit dem sie das Schaffen von Luise Reinholz würdigt und sie bestärken möchte, weiterhin durch ihren Blick auf die Welt für künstlerische Überraschungen zu sorgen.

Ausstellungsprogramm HfG-Archiv 2022

Otl Aicher und Team, Olympiapark, Olympische Spiele 1972, Copyright Florian Aicher HfG-Archiv Museum Ulm 2022: Zum 100. Geburtstag von Otl Aicher, 100 seiner Plakate, 26. März 2022 bis 08. Januar 2023

Plakate entstehen für die Straße und entfalten ihre Wirkung im öffentlichen Raum. Mit der Bezeichnung „Galerie der Straße“ verstand das 19. Jahrhundert das Plakat vor allem als ein künstlerisches Medium. Im 20. Jahrhundert wird es zum bevorzugten Instrument für Produktwerbung und politische Propaganda. Auch Otl Aicher (13. Mai 1922 in Ulm bis 1. September 1991 in Günzburg) dienten Plakate zeitlebens als bevorzugtes Mittel zum Transport für Werbung und gesellschaftliche Stellungnahme. Zu seinem 100. Geburtstag präsentiert das HfG-Archiv unter dem Titel „Otl Aicher 100“, 26. März 2022 bis 08. Januar 2023, eine Ausstellung, die in 100 Plakaten sein ganzes Schaffen überblickt. Mit der Konzentration auf dieses eine visuelle Medium lassen sich viele der für Otl Aicher zeitlebens wichtigen Themen vor Augen führen. Er wird damit als formal überzeugender und politisch argumentierender Gestalter sichtbar und erlebbar. Das HfG-Archiv besitzt mit dem Nachlass von Otl Aicher das zentrale Dokument und die Archivalien seines umfangreichen Wirkens als Kommunikationsdesigner.

Ausstellungsansicht, Der Ulmer Hocker (Ikone), HfG-Archiv, Foto Oleg Kuchar: Alles zum Ulmer Hocker noch bis 27. Februar 2022

Bis 27. Februar 2022 lässt sich noch einen der bekanntesten Entwürfe von Max Bill, Hans Gugelot und Paul Hindinger im HfG-Archiv besichtigen. Mit der Ausstellung „Der Ulmer Hocker. Idee – Ikone – Idol“ stellt das HfG-Archiv erstmals einen der berühmtesten an der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG) entstandenen Entwürfe in das Zentrum einer analytischen Darstellung. Mittels eines umfassenden Blicks auf die unterschiedlichen Bedingungen, die den Ulmer Hocker ermöglicht haben, wird nicht nur ein Designklassiker verstehbar, sondern darüber hinaus auch ein originelles Modell von Geschichtsschreibung vorgestellt, das seinerseits Schule machen könnte.

Weitere Informationen finden Sie auch in der beigefügten Pressemitteilung sowie unter www.museumulm.de und www.hfg-archiv.museumulm.de.

Bildnachweis: Otl Aicher, 1950, Nachlass Ike Rosenberg, (c) HfG-Archiv / Otl Aicher und Team, Olympiapark, Olympish Spiele 1972, (c) Florian Aicher


Museum Ulm
Marktplatz 9
D-89073 Ulm
Tel. +49(0)731 1614301
https://museumulm.de/

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