02. Oktober – 28. November 2021

Kunstverein Konstanz


Luo Mingjun ist in China geboren und künstlerisch ausgebildet. Seit Ende der achtziger Jahre lebt und arbeitet sie in der Westschweiz. Ihre Ausstellung im Kunstverein Konstanz hat sie Border genannt und damit das Thema ihrer künstlerischen wie persönlichen Grenzerfahrungen zwischen einer fernöstlichen Herkunftswelt und einem gegenwärtigen Leben im westlichen Europa in den Blick gerückt. Wie, so fragt Luo Mingjun, bildet sich im Leben zwischen diesen Welten, unter dem Einfluss so unterschiedlicher Denkweisen, geschichtlicher Erfahrung und sozialer Prägung, kulturelle Identität?

Ihre künstlerische Arbeit zeigt sie als Grenzgängerin von Beginn an: in ihrem Studium an der Kunstakademie der Universität von Hunan wendet sie sich einem für Chinas reiche Malerei- und Kalligraphie-Tradition fremden Medium zu: der Ölmalerei. Erst durch europäische Einflüsse, vor kaum mehr als 100 Jahren, wurde das Malen mit Ölfarben in China bekannt und v.a. durch ausländische Lehrpersonen vermittelt – Luo Mingjun als herausragend begabte Studentin erhielt eine Assistenzprofessur.

Nach ihrem Wechsel in die westliche Welt bezieht sich die Künstlerin zunehmend auf chinesische Maltraditionen: ihre Ölgemälde erinnern in ihrer zarten Grautönigkeit, den fein komponierten Leerstellen der Leinwand, der Licht- und Schattenwirkung an fernöstliche Tuschebilder. Auch ihre hellen Bleistiftzeichnungen mit unscharfen, wie in Wasser gelösten Konturen wirken wie feingetuschte Landschaftsmalerei.

Die Thematik der Grenze erschließt Luo Mingjun in ihrer Konstanzer Ausstellung durch ein großformatiges Triptychon, eine Meeresansicht, die horizontlose Nahsicht auf bedrohlich hohe, gischtschlagende Wellen. Diese beherrschende Ansicht wirkt als Fluchtpunkt für die Darstellung einzelner, menschlicher Figuren, die aus einer neblig verschleierten Landschaft heraus den Blick in eine ungewisse Ferne richten. Der Gegensatz zwischen Meer und Land zieht eine Grenzlinie, in der sich Sehnsucht und Hoffnungslosigkeit mischen. 

Nicht nur in ihren malerischen und zeichnerischen Arbeiten lässt Luo Mingjun eine vielschichtige Bildwelt entstehen, die ostwestliche Grenzlinien auslotet. Auch in einer installativen Arbeit, die sie im ersten Teil für eine Ausstellung in Shanghai konzipierte und für die Präsentation im Kunstverein Konstanz fortentwickelte, wird diese Perspektive deutlich: wie für eine Flaschenpost ließ die Künstlerin Ausstellungsbesucher*innen in China persönliche Wünsche auf Zettel schreiben und in Flaschen verkorken. Die im Nachhinein wieder entnommenen Wunschzettel wurden Luo Mingjun nachgesandt, in einem gut verschnürten Paket, das als Ausgangspunkt der Konstanzer Rauminstallation noch ungeöffnet die Vielzahl und Intensität der chinesischen Wünsche nur ahnen lässt – immerhin haben sie all die Grenzen, die zwischen Meer und Land, zwischen Kontinenten und Nationen, nicht zuletzt durch eine weltweite Pandemie, kaum überwindbar erscheinen, passiert.

Bild-/Textnachweis: Kunstverein Konstanz.


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