30. September 2022 – 10. April 2023
Kunstmuseum Liechtenstein


Im Dialog mit den Sammlungen des Kunstmuseum Liechtenstein und der Hilti Art Foundation

Vernissage
Donnerstag, 29. September 2022, ab 18 Uhr

Pressekonferenz
Mittwoch, 28. September 2022, 10.30 Uhr,
in Anwesenheit der Künstlerin

«Mich interessiert schon die Architektur von aussen, aber die kann ich ja jederzeit sehen. Wohingegen das, was sich dahinter verbirgt, nur zu sehen ist, wenn ich das Gebäude betrete. Mich hat es immer mehr gereizt, das zu fotografieren, was sich hinter der Fassade verbirgt.»
CANDIDA HÖFER

Candida Höfer hat eine neue Werkserie in Liechtenstein geschaffen. Sie ist Ausgangs- und Mittelpunkt der ersten gemeinsam konzipierten Ausstellung des Kunstmuseum Liechtenstein und der Hilti Art Foundation. Die 20 Fotografien umfassende Motivgruppe hat Höfer im Herbst/Winter 2021 eigens für die Schau aufgenommen. Sie spiegelt die anhaltende Auseinandersetzung der Künstlerin mit Schauplätzen des kulturellen Lebens und der Architektur wider. Im Zusammenspiel mit ausgewählten Werken von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart entspinnt sich ein wechselseitig bereichernder Dialog zwischen Candida Höfer und den Sammlungen beider Institutionen.

Die renommierte, der Düsseldorfer Becher-Schule angehörende Künstlerin Candida Höfer (*1944 in Eberswalde) hat in ihrem Lebenswerk immer wieder ortsbezogene Bildergruppen realisiert und umfangreiche Serien zu öffentlichen Räumen, vor allem Innenräumen wie Museen, Bibliotheken und Hörsälen geschaffen. In dieser Tradition stehen auch die in Liechtenstein entstandenen Aufnahmen, wie die Kurator:innen der Ausstellung erläutern:

«Inspiriert von der Museumsarchitektur, hat Candida Höfer diese Werkserie in und für Liechtenstein entwickelt. An verschiedenen Orten aufgenommen, dienen die abgelichteten Räume im engeren wie im weiteren Sinne kulturellen Zwecken. Höfer legt ihr Augenmerk auf die Infrastruktur der Kunst und zeigt uns neben Situationen im Aussenraum auch Kistenlager, Lichtdecken, Lastenaufzüge oder Treppenhäuser. Was wäre schliesslich eine Museumssammlung ohne Depot oder eine Ausstellung ohne Beleuchtung? Darüber hinaus fotografierte sie das Aussenmagazin der Liechtensteinischen Landesbibliothek. Ihr Blick lässt die Orte und Räume neu erfahrbar und in der Wahrnehmung bewusster werden. Candida Höfer hat mit ihren Fotografien die Tonlage für uns Kurator:innen vorgegeben. Sie sind Ausgangspunkt und Inspiration für die entstandenen Dialoge mit beiden Sammlungen, die eine Fülle von spannenden und überraschenden Affinitäten bieten.»
CHRISTIANE MEYER-STOLL, LETIZIA RAGAGLIA UND UWE WIECZOREK

Charakteristisch für Höfers fotografisches Werk ist eine sachlich nüchterne Bildsprache, ein ausgeprägtes Interesse an Strukturen und Ordnungen von Raum sowie eine bemerkenswerte Detailgenauigkeit. Für ihre Aufnahmen verwendet sie das Licht der Orte und Räume, sie setzt keine Scheinwerfer zur Ausleuchtung ein, was vielfach lange Belichtungszeiten mit sich bringt. Höfers Fotografien sind das Gegenteil eines Schnappschusses. Sie sind sorgfältig geplant und präzise ausgeführt. Dabei spricht das Dargestellte von der Anwesenheit und Prägung durch den Menschen, auch wenn die Künstlerin die Räume überwiegend menschenleer festhält. Ihre jüngsten Arbeiten zeugen zudem von einer zunehmenden Abstraktion, in der die Farbe, die Fläche und die Form als auch deren Auflösung an Relevanz gewinnen.

Candida Höfer im Dialog mit den Sammlungen des Kunstmuseum Liechtenstein und der Hilti Art Foundation

Als erste Ausstellung überhaupt wird sich Candida Höfer. Liechtenstein über alle vier Oberlichtsäle des Kunstmuseums und die drei Ausstellungsräume der Hilti Art Foundation – eine Gesamtfläche von rund 1’600 m² – erstrecken.

Den Fotografien Candida Höfers werden über 60 ausgewählte Kunstwerke aus beiden Sammlungen in einem offenen Dialog zugeordnet. Die Arbeiten der Künstlerin bilden dabei den Ausgangspunkt für die Auswahl des Kurator:innen-Teams: ein Werk bzw. eine Motivgruppe bestimmt jeweils die Thematik der insgesamt sieben Ausstellungsräume. Unterstrichen wird dieser Aspekt durch die graue Wandfarbe. Indem es weite und atmosphärische Assoziationsfelder eröffnet, lässt sich Höfers fotografisches Werk mit Arbeiten unterschiedlicher Gattungen aus über 100 Jahren Kunstgeschichte in Austausch bringen. Umgekehrt machen die ungewohnten Kontexte die Bandbreite der Fotografien von Candida Höfer auf neue Weise erfahrbar.

Oberflächen und Stofflichkeit, geometrische Formen und Abstraktion als Dialog-Beispiele

Die sichtbaren Besonderheiten von Körper, Oberfläche und Stofflichkeit in Höfers Aussenaufnahmen des Kunstmuseums waren beispielsweise Inspiration für die Gegenüberstellung mit Werken von Edith Dekyndt, Bill Bollinger und Gotthard Graubner. Der Museumsbau zeichnet sich durch eine sanft spiegelnde, leicht gewellte und glatte Terrazzo-Fassade aus, die in einem aufwändigen Schleifverfahren entstand. In den «Farbraumkörpern», wie Graubner seine malerischen Arbeiten nennt, erzeugen etwa Schichten von Farbe und dünnen Lasuren auf dem «weichen» Grund eine «pulsierende» Farbe.

Candida Höfers Fotografien der Transportkisten, der Aufzüge oder der Lichtdecke lassen wiederum exakte geometrische Strukturen erkennen, wie sie auch in den Werken von Donald Judd, Verena Loewensberg oder Piet Mondrian zu finden sind. Im Obergeschoss der Hilti Art Foundation sind zwei Fotografien der Künstlerin zu sehen, die annähernd quadratische Elemente wiedergeben: die Eingangstür und der Lastenaufzug. Im Dialog mit drei abstrakten Bildern von Josef Albers wird die abstrakte Komposition von Candida Höfer noch deutlicher erkennbar.

Eine Produktion des Kunstmuseum Liechtenstein und der Hilti Art Foundation, kuratiert von Christiane Meyer-Stoll, Letizia Ragaglia und Uwe Wieczorek.

Kurzbiografie Candida Höfer

Candida Höfer (geboren 1944 in Eberswalde, Deutschland) begann ihre fotografische Karriere 1963 mit einem Volontariat im renommierten Kölner Fotoatelier Schmölz + Huth für Werbung, Design und Mode. Anschliessend studierte sie von 1964 bis 1968 an den Kölner Werkschulen. Nach einer kurzen fotografischen Praxis in Hamburg nahm sie 1973 ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf auf. Ab 1976 war sie Schülerin in der neu gegründeten Fotoklasse von Bernd und Hilla Becher und schloss ihr Studium 1982 ab. 1979 entstand ihre erste grosse Diaprojektionsserie Türken in Deutschland. Von 1997 bis 2000 war sie Professorin für Fotografie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.

Höfers Arbeiten sind in internationalen Sammlungen vertreten und werden weltweit gezeigt. 2002 nahm sie an der documenta11 in Kassel teil und vertrat 2003 Deutschland auf der 50. Biennale in Venedig zusammen mit Martin Kippenberger. Candida Höfer lebt und arbeitet in Köln.

Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung

Saâdane Afif, Josef Albers, Polly Apfelbaum, Joseph Beuys, Umberto Boccioni, Bill Bollinger, Nina Canell, Andreas Christen, Gianni Colombo, Edith Dekyndt, Latifa Echakhch, Luciano Fabro, Helmut Federle, Dan Flavin, Lucio Fontana, Günter Fruhtrunk, Gerhard von Graevenitz, Gotthard Graubner, Donald Judd, Kerstin Kartscher, Konrad Klapheck, Julije Knifer, Imi Knoebel, Anna Kołodziejska, Gary Kuehn, Fernand Léger, Barry Le Va, Verena Loewensberg, René Magritte, Kasimir Malewitsch, Rita McBride, Piet Mondrian, François Morellet, Charlotte Moth, Bruce Nauman, Giulio Paolini, Steven Parrino, Dan Peterman, Emilio Prini, Pamela Rosenkranz, Fred Sandback, Keith Sonnier, Yves Tanguy, André Thomkins, Rosemarie Trockel, Gilberto Zorio.

Publikation zur Ausstellung

Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation mit zahlreichen Abbildungen sowie einem literarisch bearbeiteten Produktionstagebuch, das den Entstehungsprozess des Ausstellungsprojekts dokumentiert.

Edition

Zur Ausstellung wurden zwei Editionen von Candida Höfer für das Kunstmuseum Liechtenstein produziert, die im Museums- und Webshop erhältlich sind.

Die Ausstellung wird durch einen kostenlosen Audioguide begleitet.

Bildnachweis: Candida Höfer, HAF Kistenlager Schaan I, 2021, C-Print, 184 × 149 cm © Candida Höfer, Cologne / 2022, Pro Litteris, Zurich


Kunstmuseum Liechtenstein und Hilti Art Foundation
Städtle 32
9490 Vaduz, Liechtenstein
+423 235 03 00
www.kunstmuseum.li

Dienstag bis Sonntag 10–17Uhr
Donnerstag 10–20Uhr
Montag geschlossen
Jeden Mittwoch freier Eintritt

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