28. Januar – 26. Juni 2022

Bundeskunsthalle Bonn


Was ist das Gehirn: Schaltzentrale, Supercomputer, Ich-Behausung? Fest steht, es ist eines der letzten großen Rätsel des menschlichen Körpers. Die Hirnforschung liefert uns fortwährend aktuelle Erkenntnisse, steht aber auch noch vor vielen ungelösten Fragen. Nicht zuletzt deswegen inspiriert uns das menschliche Gehirn zu Spekulationen und Hypothesen. Hier kommt – neben der Wissenschaft – auch die Kunst ins Spiel: Unerschlossenes Terrain bietet Raum für Fiktionen und Fantasien, aber auch für mutige Theorien.

«Wenn das menschliche Gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir so einfach, dass wir es nicht verstehen würden.»

Emerson Pugh, 1977

In dieser Ausstellung treffen Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft aufeinander und lassen ein facettenreiches Panorama entstehen. Befragt werden neben der Hirnforschung und Neurologie auch Philosophie, Religion, Medizingeschichte und Psychologie. Der interdisziplinäre Dialog ist ein gezieltes Experiment, um sich dem Gehirn aus verschiedenen Richtungen anzunähern.

In fünf großen Fragekomplexen begibt sich die Ausstellung auf eine Reise durch die Kulturgeschichte und wissenschaftliche Erforschung des Gehirns. Die nur scheinbar simple erste Frage, „Was habe ich im Kopf?“, geht der Anatomie des Gehirns auf den Grund. Die zweite Frage, „Wie stelle ich mir die Vorgänge im Gehirn vor?“, fragt nach den kognitiven Funktionen und aktiven Prozessen im Gehirn. Philosophisch wird es bei der dritten Frage: „Sind ich und mein Körper dasselbe?“. Die dualistische Idee der eigenen Seele als vom Körper losgelöster Einheit hält sich hartnäckig. Die moderne Hirnforschung spricht stattdessen lieber vom „Bewusstsein“ und hält geistige Prozesse für untrennbar verbunden mit physischen Vorgängen. Offensichtlich wird das Zusammenspiel zwischen Körper und Geist bei der Funktion unserer Sinne. Die vierte Frage lautet daher: „Wie mache ich mir die Welt?“. Wie kommt die Welt in unseren Kopf und wie verlässlich sind unsere Wahrnehmung und unser Gedächtnis? Die abschließende fünfte Frage der Ausstellung lautet: „Soll ich mein Gehirn optimieren?“ Schon heute helfen technische Implantate im Gehirn dabei, Krankheitssymptome zu lindern. Doch wie sieht der Mensch der Zukunft aus? Künstlerische  Visionen zu dieser Frage speisen sich oft aus der neuesten Forschung. Vieles bleibt reine Fantasie, die aber zu interessanten Gedankenspielen anregt. Denn der Frage, was aus dem Menschen werden könnte, geht eine viel grundlegendere, ethische Überlegung voraus: Was macht uns Menschen im Kern aus?

Die Ausstellung versammelt rund 300 Werke und Objekte aus Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft. Darunter befinden sich Preziosen der Wissenschaftsgeschichte wie René Descartes Schädel oder Korbinian Brodmanns Zeichnungen zur Kartierung des Gehirns. Zu den Werken aus Kunstgeschichte und zeitgenössischer Kunst zählen Arbeiten von Willi Baumeister, Mariechen Danz, Birgit Dieker, Max Ernst, Jan Fabre, Isa Genzken, Douglas Gordon, Asta Gröting, Jessica Harrison, Norbert W. Hinterberger, Olaf Holzapfel, Carsten Höller, Frances Kearney, Paco Knöller, Joseph Kosuth, Wilhelm Lehmbruck, André Masson, Sigmar Polke, Arnulf Rainer, Odilon Redon, Dieter Roth, Michael Sailstorfer, Oskar Schlemmer, Jeremy Shaw, Kiki Smith, Fiona Tan, Rosemarie Trockel, Lu Yang und Thomas Zipp.

Durch die Ausstellung führt ein inklusives, sinnlich erfahrbares Leitsystem. Darüber hinaus wurde, ermöglicht durch das Förderprogramm NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, parallel zur „analogen“ Ausstellung in der Bundeskunsthalle eine begleitende virtuelle Ausstellung im Internet entwickelt, die mit einigen Augmented-Reality-Experiences in der realen Ausstellung vernetzt ist. Begleitend zur Ausstellung erscheint zudem eine umfangreiche Publikation.

Bildnachweis: Bundeskunsthalle Bonn, Ausstellungsansicht (Ausschnitt)


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