1. November 2020 bis 21. Februar 2021
Presserundgang: Donnerstag, den 29. Oktober 2020 um 11 Uhr

Elf Sekunden, das ist die Durchschnittsdauer, die Museumsbesucherinnen und -besucher im Schnitt vor einem Kunstwerk verbringen. Mit der Ausstellung Anderswelten. Malerei heute möchte das Museum Villa Rot dieser Form der schnelllebigen Betrachtung etwas entgegensetzen.

Im Zentrum der Werkschau stehen daher Gemälde, die in fiktiven, irrationalen Bildwelten entführen, die nicht selten von andersartigen Wesen bevölkert sind.

Die Werkschau soll dazu einladen, in diese Anderswelten einzutauchen und darin Alternativen zum alltäglichen Leben zu entdecken. Das gelingt, indem Bekanntes und Erfundenes so miteinander verbunden werden, dass etwas Neues entsteht, das einen in den Bann zu ziehen vermag.

Zwar ist jede Arbeit ein Extrakt eines subjektiven malerischen Kosmos, der ebenso subjektiv von den Betrachterinnen und Betrachtern gelesen werden kann. Es lassen sich jedoch zwei Tendenzen innerhalb der Ausstellung ausmachen lassen:

Auf der einen Seite stehen Werke, die sich aus dem freien, oft unterbewussten Malprozess ergeben. So entwickeln etwa Juliane Hundertmark, Hyundeok Hwang und Edith Nürnberg hybride Mischwesen, die nicht klar zu verorten sind. Peter Nikolaus Heikenwälder lässt die Besucherinnen und Besucher in schwarze Bildwelten eintauchen, in denen sie abstrakten Gebilden begegnen und Andrey Klassens bildmächtige Tuschemalereien sind voller geheimnisvoller Figuren. Auch Jonas Burgert arbeitet gänzlich ohne Vorstudien und malt seine düsteren, bühnenhaften Szenen direkt auf die Leinwand.

Auf der anderen Seite stehen Kunstschaffende, die für ihre Arbeiten Abbildungen aus dem Internet

oder anderen Bildquellen nutzen und die ihre Werke deutlich detaillierter planen. Indem sie diese neu kombinieren oder verändern, schaffen sie alternative Realitäten. Zu den Motivmischern zählen etwa Zhang Rui, Maxim Brandt oder David Czupryn. Simon Pasieka und Florian Rautenberg planen ihre faszinierenden Bildwelten mit großer Sorgfalt und planen deren Wirkung im Voraus.

Allen Arbeiten gemein ist, dass sie die Besucherinnen und Besucher zum Eintauchen in andersartige Welten einladen. So sind viele der Werke als malerische Rückzugsorte zu sehen, in denen die eigene Fantasie angeregt wird.

Mit Werken folgender Künstler*innen

Maxim Brandt / Jonas Burgert / Peter Nikolaus Heikenwälder / Juliane Hundertmark / Hyundeok Hwang / Hortensia Mi Kafchin / Andrey Klassen / Edith Nürnberger / Simon Pasieka / Florian Rautenberg / Rui Zhang

Bildnachweis: Maxim Brandt, Je dois sortir, 2018, Öl auf Leinwand, 120 x 120 cm © Maxim Brandt

 

David Czupryn
1. November 2020 bis 21. Februar 2021

In seiner Kunsthalle zeigt das Museum Villa Rot parallel zur Ausstellung „Anderswelten“ eine Einzelschau mit Werken des Düsseldorfer Malers David Czupryns.

Die großformatigen Werke des Künstlers bestechen durch ihre intensive Farbigkeit und kompositorische Dichte. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der gebürtige Duisburger sich für seine Werke aus verschiedenen Bildquellen bedient. Kunsthistorische Referenzen, Motive der Popkultur, der Politik und Natur sowie abstrakte Formen arrangiert er zu komplexen, buhnenhaft wirkenden Kompositionen.

Trotz ihrer inhaltlichen und formalen Fülle gelingt es Czupryn, die vielen Details seiner Arbeiten malerisch so miteinander zu verschmelzen, dass sie ausbalanciert wirken. Das hat zur Folge, dass man nicht von der Flut an Informationen und Eindrucken abgeschreckt wird, sondern bereitwillig mit dem Auge das Dargestellte abscannt, um dabei wie auf einem Bildschirm die einzelnen Elemente zu erfassen. Hierbei fallt vor allem das Interesse des Künstlers für die Wiedergabe unterschiedlicher Materialitäten auf. Mit handwerklicher Präzision malt Czupryn Holzmaserungen, Marmorflachen, Metallrohre oder Neonrohren. Gezielt kombiniert der Düsseldorfer vom Menschen bearbeitete, natürliche Stoffe mit synthetischen Werkstoffen. Die inhaltliche Relevanz dieser Kombinationen begründet sich damit, dass verschiedene Stoffe mit unterschiedlichen Kulturen, historischen Ereignissen oder gesellschaftlichen Schichten assoziiert werden. Sie erhalten Wert- und Symbolzuschreibungen, werden imitiert oder verpönt, sind also eng mit menschlichen Wertzuschreibungen verknüpft. Der Künstler selbst spricht in diesem Kontext von „material politics“ [dt.: Materialpolitik]. Dass Czupryns Werke oftmals eine digitale Anmutung besitzen, mag kein Zufall sein. Immerhin hat die Digitalisierung einen großen Einfluss auf das wechselseitige Verhältnis von Subjekt und Material. Welche Folgen genau, lasst sich aktuell nicht beantworten. Die Bilder motivieren jedoch dazu, darüber nachzudenken.

Über den Künstler

David Czupryn (*1983 in Duisburg) studierte zwischen 2007 und 2015 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Georg Herold, Lucy McKenzie und Tomma Abts. Czupryn ist Preisträger des Bergischen Kunstpreises und des Förderpreises Meerbusch sowie Stipendiat der Cité des Arts Paris. Neben Einzelausstellungen im Kunstmuseum Solingen, dem Museum Engen und der Kunsthalle Darmstadt konnte Czupryn seine Werke in Gruppenausstellungen in Deutschland, Italien und Großbritannien zeigen. Der Kunstler lebt und arbeitet in Düsseldorf.

 

Marco Hompes, Museumsleiter
Museum Villa Rot
Schlossweg 2
88483 Burgrieden-Rot
www.villa-rot.de
Tel.: 07392 8335

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