Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre

13. September 2020 – 11. April 2021
Eröffnung: Sonntag, 13. September 2020, 11 – 14 Uhr

Das Georg Kolbe Museum widmet seine Hauptausstellung der diesjährigen Herbstsaison dem herausragenden Bauwerk, welches das Ausstellungshaus seit seiner Gründung vor genau 70 Jahren beheimatet: dem ehemaligen Wohn- und Atelierhaus des Bildhauers Georg Kolbe. Für den einstigen Besitzer und Bauherrn, der als Künstler eine enge Beziehung zur sachlichen Architektur und ihren Protagonisten der 1920er-­Jahre pflegte, stand das Gebäude stets in direktem Bezug zu seinem bildhauerischen Schaffen. Anhand bislang ungesehenen Archivmaterials spürt die Ausstellung dem Zusammenspiel von Raum und Skulptur nach, welches Kolbe zeitlebens so wichtig war. Dabei gewährt sie Einblick in das Lebensumfeld des Künstlers, der seinen ikonischen Schaffens- und Rückzugsort in der Sensburger Allee seit den frühsten Entwurfsskizzen aktiv mitgestaltet hat.

In den späten 1920er-Jahren, der Bauzeit seines großzügigen Atelierhauses im Berliner Westend, befand sich der Bildhauer Georg Kolbe (1877-1947) auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Erfolgs. Vertreten von den großen Galerien Cassirer und Flechtheim hatte er Käufer*innen auf der ganzen Welt und war in Berliner Künstlerkreisen bestens vernetzt. Nach dem frühen und unerwarteten Tod seiner Frau Benjamine sehnte er sich jedoch nach einem Rückzugs- und Schaffensort unweit ihres Grabes. So entstand die Sensburg, wie Kolbe selbst das kubische Backsteinensemble in der Sensburger Allee liebevoll nannte. Stadtnah und zugleich am Rande des Grunewalds gelegen, sollte die Architektur das fruchtbare Wechselspiel von Kunst, Natur und baulicher Form widerspiegeln, auf das der Künstler immer wieder gerne verwies.

Mit der sachlichen Baukunst seiner Zeit verband Georg Kolbe eine enge Beziehung. Im Rahmen seiner Zusammenarbeit mit Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe, Bruno Taut, Hans Poelzig und Walter Gropius hatte der Bildhauer bereits früh aktiv Anteil am Diskurs um die Weiterentwicklung des Neuen Bauens genommen. Für die Realisierung seines eigenen maßgeschneiderten Wohnateliers verpflichtete er den Schweizer Architekten Ernst Rentsch, später den Bauhausschüler Paul Linder, und arbeitete in der Entwurfsphase eng mit beiden zusammen. Die gemeinschaftliche Gestaltungsarbeit profitierte sichtlich von Kolbes intensiver Auseinandersetzung mit der Beziehung von Skulptur und Raum.

Angebunden an den öffentlichen Nahverkehr, mit vollständiger Elektrifizierung, Telefonanschluss sowie voll ausgestatteten Bädern, entsprach der Backsteinbau im Westend Berlins den Ideen des modernen Wohnens und verkörperte dessen Definition eines neuen, schnörkellosen Lebenskomforts. Als Atelier erfüllte er zugleich alle Voraussetzungen, um exakt jene Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Kolbe als Künstler suchte. Insbesondere die Blick- und Lichtführung wurde mit hoher Präzision angelegt, die luzide Verbindung von Innen- und Außenraum virtuos umgesetzt.

Mit seinen deckenhohen Fenstern öffnet sich der große Atelierraum zum Garten; ein komplexes Oberlicht führt neutrales Tageslicht zu; hohe Fensterbänder lenken gerahmte Blicke in die umgebende grüne Natur. Der 1935 angelegte, innenliegende Skulpturenhof weist Blickachsen auf, die dem Bildhauer erlaubten, die Wirkung seiner Arbeiten an öffentlichen Plätzen und Parkanlagen zu simulieren, für den er sie häufig schuf. Durch die Ziegelmauer, welche das gesamte Gelände umgibt, erlangt die Sensburg – kontrastierend zu ihrer lichten Atmosphäre – einen beinahe festungshaften Charakter. Als abgeschirmtes Refugium schützte sie den Künstler nicht zuletzt vor neugierigen Blicken und begünstigte seine Arbeit mit Modellen im Freien.

Vor genau 70 Jahren wurde Kolbes Künstleratelier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – als erstes nach dem Krieg neugegründetes Museum und einziges Berliner Künstlerhaus aus den 1920er-Jahren, dessen ursprüngliche Funktion sicht- und fühlbar geblieben ist. Bis heute strahlt der kubische Backsteinbau samt Skulpturengarten den modernen Geist seiner Entstehungszeit aus.

Die Ausstellung „Moderne und Refugium“ portraitiert Kolbes Sensburg im Spiegel ihrer reichen Geschichte. Von ersten Entwurfszeichnungen über die Bauphase bis hin zur privaten und schließlich öffentlichen Nutzung versammelt sie eine Vielzahl mitunter ungesehener Zeitdokumente, die den Künstler als einflussreichen und kreativen Bauherrn und zugleich in seinem privatesten Nukleus zeigen. Umgeben von Familie, Freundinnen und Freunden, sowie seinen Hunden und Katzen wird Kolbe als Mensch mit Facetten sichtbar, die bislang unter der öffentlichen Rolle und ihren Zuschreibungen verborgen blieben. Ein wesentlicher Teil der gezeigten Materialien entstammt dem Nachlass seiner Enkelin, der erst in diesem Jahr nach Berlin kam und aktuell im Museum erschlossen wird.

Eine ausführliche, reich bebilderte Publikation zur Ausstellung erscheint im November 2020. Auf Anfrage können darin enthaltene Texte vorab für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt werden.

Zeitgleich zur Ausstellung „Moderne und Refugium – Georg Kolbes Sensburg als Architekturdenkmal der 1920er-Jahre“ zeigt das Museum 20 Keramiken des japanischen Künstlers Shinichi Sawada. Eröffnungsveranstaltung und Presseansprache beziehen sich auf beide Ausstellungen.

 

Rahmenprogramm

Gespräche und Führungen: 

Historischer Spaziergang mit Dr. Ursel Berger:
Georg Kolbe im Tiergartenviertel
Samstag, 03. Oktober 2020, 14 – 16 Uhr
Direktorinnengespräche:
Künstlerhäuser am Rande des Grunewalds

Dr. Julia Wallner und Dr. Lucy Wasensteiner (Liebermann-Villa)
01. November, 11 Uhr

Dr. Julia Wallner und Lisa Marei Schmidt (Brücke-Museum)
29. November, 11 Uhr

Dr. Dorothea Schöne (Kunsthaus Dahlem)
13. Dezember 2020, 11 Uhr
Fahrradtour zu drei ehemaligen Künstlerateliers: 
Georg Kolbe Museum, Kunsthaus Dahlem, Liebermann-Villa am Wannsee
Samstag, 03. Oktober 2020, 11-14 Uhr

Workshops für Erwachsene:

Architekturfotografie:
Ikonische Architektur in der Nachbarschaft – Das Corbusierhaus
Samstag, 26. September 2020, 12 – 16 Uhr

Architekturfotografie:
Ikonische Architektur in der Nachbarschaft – Messegelände (ICC)
Samstag, 10. Oktober 2020, 12 – 16 Uhr

Inklusives Angebot:

Öffentliche Führung mit Simultanübersetzung in dt. Gebärdensprache
Sonntag, 01. November 2020, 14 Uhr

Tastführung für Menschen mit und ohne Sehbeeinträchtigung
Samstag, 14. November 2020, 14 Uhr

Für Kinder und Familien:

Familiensonntag in Kolbes Atelier
Jeden ersten Sonntag im Monat, 14-17 Uhr

Ergänzend finden im Georg Kolbe Museum regelmäßig individuelle Vermittlungsprogramme für Schulklassen und Kitagruppen statt; inklusive Angebote für Gruppen mit besonderen Bedürfnissen sind selbstverständlich. Für weitere Informationen und Anfragen wenden Sie sich bitte an unsere Kuratorin für Outreach, Katherina Perlongo: perlongo@georg-kolbe-museum.de.

Aufgrund der aktuellen Situation sind Anmeldungen für alle Veranstaltungen zwingend notwendig. Buchungen bitte an info@georg-kolbe-museum.de

 

Informationen zu Ihrem Besuch

Bitte beachten Sie, dass sich aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen immer nur eine limitierte Besucheranzahl zugleich im Museum befinden darf, wodurch es zu Wartezeiten kommen kann.
Die Reden der Eröffnungsveranstaltung finden im Freien statt.
Bei der Eröffnung werden Fotos gemacht, die im Rahmen der Ausstellungsberichterstattung genutzt werden.

 

Georg Kolbe Museum
Sensburger Allee 25
14055 Berlin

Öffnungszeiten:
Täglich 10:00 – 18:00 Uhr

Öffentliche Führungen:
Mittwochs und sonntags 14:00 Uhr

Eintritt:
7 € / ermäßigt 5 €
Ermäßigung für Schülerinnen und Schüler, Studierende, Schwerbehinderte und Arbeitslose (nur mit gültigem Ausweis/Berlinpass).

Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche (bis 18), ICOM, DMB, Presse, Mitglieder des Freundeskreises sowie Begleitpersonen von Schwerbehinderten, deren Ausweis das Merkzeichen »B« enthält.


Kontakt:
Telefon: 030 304 21 44
E-Mail: info@georg-kolbe-museum.de
Webseite: www.georg-kolbe-museum.de

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Verkehrsverbindungen:
Zufahrt über die Heerstraße, Parkplätze direkt vor dem Museum
S-Bahn: S3, S9 (S-Bahnhof Heerstraße)

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