16. Februar bis 12. Mai 2024

ifa-Galerie Berlin


Eröffnung: 15. Februar um 19 Uhr

Der Ausstellungstitel verweist auf einen Schlüsselmoment der marokkanischen Kunstgeschichte, der weitreichende Folgen für die gesamte Region hatte: die Anfänge der modernen Kunst in dem nun unabhängigen Land (1956).

Es entstand ein neues gesellschaftliches Bewusstsein, das Künstler:innen und Intellektuelle veranlasste, ihre soziale Funktion und Sichtbarkeit im öffentlichen Raum zu überdenken. Die Künstler:innen wurden durch diesen Prozess zu Produzent:innen eines gesellschaftlichen und kulturellen Projekts, das Kunst als Raum geteilten Wissens und gemeinsamer Erfahrungen auffasste. Die Kunsthochschule Casablanca bot ein fruchtbares Forum für die Entwicklung dieser Vorstellungen und der damit verbundenen Praktiken. Die Hochschulangehörigen einte das Bewusstsein, dass eine neue nationale Kultur in der postkolonialen Zeit nur dann entstehen konnte, wenn die modernen Bestrebungen in den kulturellen Traditionen der Indigenen Bevölkerung wurzelten. Unter anderem auf der Grundlage des Bauhaus-Manifests entwickelte die Hochschule Konzepte, um das Verhältnis zwischen Kunst, Handwerk, Design und Architektur im lokalen Kontext neu zu bestimmen.

School of Casablanca wurde von den KW Institute for Contemporary Art (Berlin) und ThinkArt (Casablanca) in Zusammenarbeit mit der Sharjah Art Foundation, der ifa-Galerie Berlin, dem Goethe-Institut Marokko und Zamân Books & Curating initiiert. Das Projekt knüpft an die Tradition der Kunsthochschule Casablanca mit ihren innovativen pädagogischen Methoden, ihrer modernen Ästhetik und ihren Ausstellungskonzepten im Marokko der 1960er-Jahre an. Es begann im Jahr 2020 mit einem Residenzprogramm und wird mit einer Ausstellung, die zwischen dem 11. November 2023 und dem 14. Januar 2024 an verschiedenen Orten in Casablanca stattfindet, fortgesetzt.

Mit dieser gemeinsamen Initiative soll das zeitgenössische Bewusstsein für die Tradition der Kunsthochschule Casablanca, die nicht nur im marokkanischen Kontext, sondern auch im Hinblick auf die kritische Reflexion der westlichen methodischen Traditionen und der westlichen Selbstwahrnehmung von Bedeutung ist, gestärkt werden.

School of Casablanca widmet sich den radikalen Vorstellungen und Aktivitäten einzelner Personen (Farid Belkahia, Mohammed Chabâa, Bert Flint, Toni Maraini und Mohamed Melehi), die die ursprüngliche Hochschule in ihrer Hochphase (1964–69) geprägt haben, und interpretiert sie neu. Dabei knüpft sie an die Experimentierfreude und Diskursbereitschaft sowie an die Ideen der Selbstorganisation und des Aufbaus von Gemeinschaften an, wie sie von Souffles, einer mittlerweile ikonischen marokkanischen Kulturzeitschrift jener Zeit, verkörpert wurden. Die 1966 als avantgardistische Zeitschrift gegründete Publikation wurde von ihren Initiatoren (Abdellatif Lâabi, Mostafa Nissaboury und Mohammed Khaïr-Eddine) in enger Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule Casablanca herausgegeben. Sie war eine wichtige Anlaufstelle für marokkanische und internationale Künstler*innen, Schriftsteller*innen, Maler*innen, Filmemacher*innen, Dramatiker*innen, Intellektuelle und andere Kulturschaffende und wurde 1972 von den Behörden verboten.

Die zu School of Casablanca eingeladenen Teilnehmer:innen, von Künstler:innen, Designer:innen und Kurator*innen bis hin zu unabhängigen Wissenschaftler:innen, haben in den vergangenen Jahren in Casablanca geforscht und Feldstudien durchgeführt. Ihre Fortschritte präsentierten sie in öffentlichen Veranstaltungen im Rahmen des Residenzprogramms. Die Ausstellung stellt die neu in Auftrag gegebenen Arbeiten in einen Dialog mit Archivmaterial, beschäftigt sich also mit der Gegenwart und reflektiert gleichzeitig die Vergangenheit. Sie findet an fünf Orten in Casablanca statt, von denen einige ursprünglich von der Kunsthochschule Casablanca genutzt wurden, zum Beispiel die École Supérieure des beaux-arts de Casablanca und La Coupole du parc de la Ligue arabe. Die Ausstellung ist in drei Abschnitte unterteilt: „Making Art Public“, „Modernist Aesthetics & Popular Art“ und „Artistic Practice & Everyday Life“. Sie stellt einen Zusammenhang zu der politisch unruhigen und kulturell produktiven Zeit her, in der die marokkanische Kunst entstand, und beleuchtet das Erbe der Kunsthochschule Casablanca wie etwa die Entwicklung innovativer pädagogischer und künstlerischer Methoden sowie ihr Potenzial im aktuellen gesellschaftspolitischen Klima von Casablanca und Marokko.

Teilnehmer:innen: Bik Van der Pol; Céline Condorelli; Fatima-Zahra Lakrissa mit Gilles Aubry; Manuel Raeder; Peter Spillmann, Marion von Osten; Abdeslam Ziou Ziou mit Grocco-Trick 54, Sophia Attigui, Fatine Arafati; und Nassim Azarzar

Kuratoren:innen: Salma Lahlou, unabhängige Kuratorin und Gründerin von ThinkArt, Casablanca; Krist Gruijthuijsen, Direktor KW Institute for Contemporary Art, Berlin und Inka Gressel, Co-Direktorin der ifa-Galerie Berlin.

Bildnachweis: Céline Condorelli, Integrations (studies), exhibition School of Casablanca, Modernist Aesthetics & Popular Art, La Coupole, 2023. Foto: Ayoub Bouibaden.


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