Eine Weihnachts-Ausstellung über ein lebendiges Brauchtum in Vorarlberg 8. Dezember bis 17. Jänner 2021, Eintritt frei

Laternenkrippen, Schneekrippen, orientalische oder alpenländische Krippen – Weihnachtskrippen-Bauen ist in Vorarlberg überaus populär. Das vorarlberg museum wollte diese Volkskunst dokumentieren und fand im Landeskrippenverband mit dem damaligen Obmann Erich Kirner einen idealen Partner. Alle 19 Krippenvereine des Landes haben von 2017 bis 2020 eigens für das Landesmuseum je eine Weihnachtskrippe gebaut. Eine Sammlung ist entstanden, die eine soziale und religiöse Praxis zu Beginn des 21. Jahrhunderts festhält – zu sehen bei freiem Eintritt im Veranstaltungssaal des vorarlberg museums. In Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Landeskrippenverband.

Ein persönliches Glaubensbekenntnis

Krippenbauer verstehen sich meist als Botschafter des Glaubens, der Begriff „Hobby“ greift oft zu kurz. Sie wollen die Herzen der Menschen erreichen, die Friedensbotschaft in die Familien tragen. Wie komplex diese Aufgabe ist, zeigt nicht zuletzt ein Blick in die Schulungsunterlagen für Krippenbaumeister – und ein solcher muss man sein, will man Kurse abhalten. Es geht um Maueraufbau und Dachstuhlkonstruktionen, ums Verputzen und Fassen einzelner Gebäudeteile, um Elektrik, Botanik und um Fragen der Konservierung – die Naturmaterialien sollten den natürlichen Zersetzungsprozess überdauern. Und dabei ist die Frage nach der Gestaltung, nach einer traditionellen oder aktuellen Interpretation der Weihnachtsgeschichte noch nicht gestellt.

Die Ausstellung

Die Ausstellung im Veranstaltungssaal des vorarlberg museums bietet einen Überblick über verschiedene Stilformen: Wurzelkrippen, Orientalische Krippen mit Türmen, Gewölben und Palmen; alpenländische Krippen mit geschindelten Bauernhäusern und Ställen in der Bautypologie der jeweiligen Täler. Der Krippenverein Braz baute eine Schneekrippe in einen ein Meter tiefen Kasten aus Altholz. Josef trägt die schwangere Maria auf den Armen in den Stall; draußen fällt der Blick des Betrachters ins verschneite Klostertal mit Roggelskopf und Masonwasserfall. Der Krippenverein Götzis verlegte das Weihnachtsgeschehen vor das historische Junker-Jonas-Schlössle. Manche Krippen zeichnen sich durch eine große Liebe zum Detail aus, wenn beispielsweise täuschend echt wirkender Rauch aus Kaminen aufsteigt oder Eiszapfen an Dachrinnen hängen. Andere Krippen überraschen durch ungewöhnliche Darstellungen, zum Beispiel von Maria, die im Stall ihr Neugeborenes stillt. Zur Vielfalt der Krippen tragen das jeweilige Gelände – der sogenannte Krippenberg – und die gemalten Hintergründe bei.

Die Kosten für die Krippen trugen die jeweiligen Vereine. Das vorarlberg museum kaufte die Figuren an, die der Krippe erst das Leben einhauchen. Es gibt in Vorarlberg nur wenige gewerbliche Holzbildhauer, die sich mit dem Schnitzen von Krippenfiguren beschäftigen. Aber es zeigte sich, dass in den Ortsvereinen mehr „versteckte“ Figurenschnitzer am Werk sind als gedacht – eine schöne Entwicklung.

Zur Geschichte der Weihnachtskrippe

Der Ursprung der Krippe ist nicht bestimmbar, dürfte das Ergebnis einer längeren Entwicklung gewesen sein. Bereits in altchristlicher Zeit waren am Weihnachtstag in den Kirchen religiöse Schaustellungen zu sehen, die ab dem 10. Jahrhundert einen volkstümlichen Charakter annahmen und auch außerhalb der Kirche stattfanden. Häufig wird Franz von Assisi als „Vater der Krippe“ angesehen. Er baute im Jahr 1223 in einer Waldhöhle eine Futterkrippe, an der Ochs und Esel standen. Die Weihnachtsgeschichte wurde dadurch den Menschen, die nicht lesen konnten, besser verständlich. Eine der ältesten Weihnachtskrippen aus dem Jahr 1289 steht in der Kirche von S. Maria Maggiore in Rom. In der Kirche St. Wolfgang in Meschach oberhalb von Götzis steht die älteste Weihnachtskrippe Vorarlbergs, die der Feldkircher Bildschnitzer Erasmus Kern 1624 geschaffen hat.

Mit der Zeit der Aufklärung Ende des 18. Jh., als in manchen Gegenden Krippen sogar verboten wurden, fanden die Darstellungen von Christi Geburt verstärkt Einzug in die Bürger- und Bauernhäuser.

Der erste Krippenbauverein des Landes gründete sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Große Landeskrippenausstellungen wurden veranstaltet und Krippen an arme Familien als Weihnachtsgabe geschenkt. Die Nationalsozialisten verboten den Brauch und lösten 1939 den Landesverband der Krippenfreunde auf. Zur Neugründung kam es 1954 und als 1991 Vorarlberg eine eigene Krippenbauschule bekam, konnte dem Interesse nach Kursen mit geschulten Krippenbaumeistern nachgekommen werden. Heute gibt es 19 Ortsvereine mit rund 1500 Mitgliedern, wobei in jüngster Zeit ein Zuwachs an Frauen und jüngeren Menschen beobachtet werden kann.

Buch zur Ausstellung

Zur Ausstellung ist im Tyrolia-Verlag ein gleichnamiges Buch erschienen. Es beinhaltet zahlreiche Fotografien von Petra Rainer, die die Arbeit in den Krippenbauvereinen begleitet hat, sowie Beiträge von Theresia Anwander, Magdalena Venier und Andreas Rudigier. Die Kulturgeschichte der Krippe wird ergänzt um Porträts der und Interviews mit den Krippenbauer*innen.

 

Mag. Manfred Welte
Leitung Veranstaltungen und Kommunikation

vorarlberg museum
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