20. Mai – 26. Juni 2021
Thomas Rehbein Galerie Köln


Es sind geplante, kontrollierte Bilder, Imaginationen, die Gerd Bonfert im Atelier mit einem seit Jahrzehntenwenig veränderten Vorrat alltäglicher Requisiten in traditioneller, also konsequent analoger Photographie* realisiert. Weder bei der durchwegs schwarzweißen Aufnahme noch im weiteren Prozess der Bildwerdung –Bonfert stellt alle Abzüge in der eigenen Dunkelkammer in traditioneller Manier selbst her -kommen digitale Verfahren zur Anwendung. Was als photographisches Bild zu sehen ist, verdankt sich allein dem Zusammenspiel zwischen Zeit, Licht, dem Raum und den Objekten vor der Kamera. Bei der Umsetzung seiner introspektiven Bildvorstellungen in die sichtbare, physische Bildtatsache der Photographie ist der Künstler sein eigenes Modell.

Er ist Subjekt und zugleich Objekt eines Prozesses, der während der alles entscheidenden Phase der Belichtung, der eigentlichen Bildwerdung, für ihn selbst unsichtbar ist, allein als Imagination existiert und erst im nachhinein als nunmehr sichtbare Umsetzung dieser Vorstellung (mit allen Zufällen und Unwägbarkeiten) akzeptiert oder verworfen werden kann. Es sind Erfindungen, Entdeckungen des Körpers, der Figur (nicht der Person, des Individuums), die so nur in der Realität des Bildes zu haben sind, im Medium der Photographie verwirklicht werden können. Es sind Bilder eines unwirklichen, befremdlichen Seins zwischen An-und Abwesenheit, Übergangsstudien und Auflösungserscheinungen, furiose Verwandlungen zwischen Erscheinen und Verschwinden, Fleischwerdung und Entkörperlichung. Meist sind sie in Haltungen der Ruhe zu sehen, gelassen und nachdenklich, Sitzmöbel rahmen und bestätigen ihr merkwürdiges Dasein, fungieren als Stellvertreter. Dynamischer, eher von Verwandlungshandlungen geprägt sind die älteren Aufnahmen, die Körper transformiert in jähe Lichtereignisse, agieren inmitten statisch-zeitloser Interieurs. Von Melancholie sind alle Arbeiten grundiert, einer steten, unabschließbaren Suche, deren Zentrum dunkel bleibt und zugleich diese vermeintlich aus der Zeit gefallenen Bilder einer beharrlichen Beschäftigung mit auch weiterhin essentiellen Themen (Sein, Zeit, Wirklichkeit)ans Licht bringt.

Die stets unbetitelten Arbeiten Gerd Bonferts entstanden lange Zeit vor allem als Innenbilder, Innenraumbilder. Einige jüngere Arbeiten suchen den Übergang. Fenster als Grenze und Durchlass zwischen Innen und Außen, zwischen Interieur und Natur sind ein Motiv, Berge trockenen Herbstlaubs auf Tisch und Stühlen ein anderes, das neue, weitere Bereiche öffnet. Diesen Aufnahmen ging eine lose Reihe von Landschaftsphotographien voraus, zunächst mit archaischen Lochkameras eingefangene Bilder,seit einigen Jahren entstehen sie auch mit konventionellen Kleinbildgeräten. Vor allem das Innere eines wilden Waldes ist zu einem immer wieder aufgesuchten Motiv geworden. Die Taten des Lichts, sein Fließen und Gleißen auf Blättern, Gräsern und Ästen, ihre Auflösung in flirrender Helligkeit und dichter Dunkelheit, die Verwandlungen des Dickichts in facettenreiche, kaum durchschaubare Lichtspielräume zeigen eine andere, durch die Offenheit für den Augenblick und die Gegebenheiten des Ortes ermöglichte Form der Bildfindung.

Mit den Mitteln analoger Photographie zeitigen Gerd Bonferts Aufnahmen feinste Gradationen leiblich-physischer Präsenz, sie zeigen Fragilität und Flüchtigkeit, die Fragwürdigkeit des Sichtbaren. Dies alles wird durch das beglaubigende Aufzeichnungsmedium der Photographie zu merkwürdig realen Ereignissen, die im Bild festgehalten, aufgehoben sind.

Textnachweis: Jens Peter Koerver, 2020
Bildnachweis: Galerie Thomas Rehbein Köln


Thomas Rehbein Galerie
Aachener Straße 5
D-50674 Köln
Tel.:+49(0)221 3101000
www.rehbein-galerie.de

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